Mein Drahtesel Otto und ich auf Tour im November und Dezember 2012 mit Erinnerungen an die Entstehung des Baggerpfuhles und des Kiessees in Passow
Der graue November machte ab 15.11.2012 seinem Namen alle Ehre. Bis zum 21.11.2012 hüllte sich jeden Tag in einen dichten Nebelschleier. Die Sonne schaffte es nicht, sich durchzusetzen.
Doch am 20.11.2012 gelang es ihr, sich kurz vor ihrem Untergang, doch immer noch mit einem leichten Dunst verhüllt, in der Welse zu spiegeln.
Sonne in der Welse, Bahnhof Passow Regionalzug, Silageballen
Dann, am 22.11.2012 gewann sie die Schlacht und zeigte sich siegreich am Himmel.
Diese Gelegenheit konnte ich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Anstelle des Mittagsschlafs wurde der Drahtesel Otto gesattelt, und ab ging die Post. Abends und morgens hörte man vom Baggerpfuhl, wie auch schon in den vergangenen Jahren, ein eifriges Geschnatter, und ich vermutete, dass ich dort Singschwäne antreffen werde. So war mein Ziel klar: der Baggerpfuhl in Passow.
Die Luft war mild, und es war auch nicht windig. Meinem Drahtesel und mir ging es gut, und wir radelten ganz entspannt unserem 1,5 km entfernten Ziel entgegen. In den vergangenen Jahren hatte ich auf dem Kiessee, der nach 1990 durch Kiesentnahme entstanden ist, viele Wasservögel mit dem Fotoapparat „schießen“ können. Doch heute war an der Stelle nichts zu entdecken. Nur ein paar Krähen erhoben sich. Es war ganz friedlich und still am Kiessee. Die Schnattertiere waren wohl schon weiter in ihr Winterquartier geflogen.
Der Baggerpfuhl
In den Medien wurde mehrfach darüber berichtet, dass durch den nächtlich, dichten Nebel Vogelschwärme bei der Suche nach einem Rastplatz auf der Autobahn gelandet sind. Hunderte Wildgänse wurden überfahren. Das erschütterte die Tierschützer sehr.
Ich setzte meinen Weg fort und fuhr auf das ehemalige Produktionsgelände des Kieswerkes. Dort entdeckte ich einige Enten, die weit entfernt waren und sich durch mich nicht stören ließen.
Nur der Biber hatte hier am Kiessee nun auch schon seine Spuren hinterlassen, zahlreiche Weiden hat er gefällt, um sich zu ernähren.
Kieswerk 2005, Kiessee, Biber Nagespuren
Biberspuren im Wäldchen am Baggerpfuhl
Im Internet informierte ich mich über die Verhaltensweise des Bibers und kann dazu kurz etwas berichten:
„Der Europäische Biber war ursprünglich in Europa und weiten Teilen Asiens heimisch, ist dann aber durch Bejagung (dichtes Fell, essbares Fleisch) in weiten Teilen Europas ausgerottet worden. Durch konsequenten Schutz und Auswilderungen im 20. Jahrhundert haben sich die Bestände des Europäischen Bibers in den letzten Jahrzehnten wieder erholt. Für Details zur Verbreitung siehe: Europäischer Biber
Der Europäische Biber ist etwas kleiner als der Nordamerikanische Biber und weist im Mittel eine Körpermasse von rund 18 kg (das größte gemessene Exemplar wog 31,7 kg) auf.“ (Quelle: Wikipedia)
Ich habe Biberspuren das erste Mal in meinem Leben bei der Blumberger Mühle bei Angermünde, ca.1987, gesehen und war erstaunt über die Größe der Späne, die er mit seinem Gebiss vom Baum nagt. Die Nagestellen sehen aus, als ob er einen Bleistift herstellen will. Einige Jahre später entdeckte ich sie auch an der Randow, hier hat er systematisch zuerst alle, nach 1989 gepflanzten Ebereschen gefällt, dann die Pappeln, selbst von den Pappeln, die schon einen beträchtlichen Stammumfang haben, hat er im unteren Bereich die Rinde abgenagt, diese Pappeln sind dann abgestorben, und einige wurden von den Stürmen umgebrochen.
Bei meinen Radtouren durch das Randow-Welse-Tal gab es in den folgenden Jahren immer mehr Spuren des Bibers zu sehen.
Im Welsetal, am Plattenweg nach Biesenbrow, hat er sich sogar an Eichen vergriffen. Im Uferbereich kann man zahlreiche Löcher finden, die zum Biberbau führen, sowie seine Trampelpfade zum Wasser, genau erkennen. Dem Wasser- und Bodenverband „Welse“ entstehen jährlich hohe Kosten für die Beseitigung der Biberschäden und der Biberburgen, die er baut, um das Wasser anzustauen. Auch die Plattenwege durch das Randow-Welse-Tal wurden durch Unterhöhlung schon sehr beschädigt.
Die Spur des Bibers konnte ich in den vergangenen Jahren gut an den Gräben im Randowtal bei meinen Radtouren verfolgen. Nach meinen Beobachtungen gelangte er von der Randow in die Welse zum Baggerpfuhl.
Biberspuren
Hier konnte ich vor einigen Jahren noch wunderbare Herbstfotos machen, aber nun verschwinden die Bäume nach und nach. Rund um den Baggerpfuhl ist man von der intensiven Baumfällaktion des Bibers beeindruckt oder verärgert, je nach Sicht des Betrachters. Sonst wird um jeden Baum, der gefällt werden soll, ein großes Aufsehen gemacht, aber die Baumfällung der Biber ist ganz normal und für die Arterhaltung lebensnotwendig.
Den Trampelpfad im Wäldchen am Baggerpfuhl kann man ohne Kletterkünste nicht nutzen. Hier liegen die gefällten Bäume reihenweise über dem Pfad.
2008 Herbstlaub am Baggerpfuhl
Wann entstand der Baggerpfuhl in Passow?
Auszug aus der Tageszeitung Neuer Tag:
Nr. 30 Sonnabend 4. Februar 1956 5. Jahrgang
Ab sofort ist die Kiesabfuhr aus der Gemeindekiesgrube Passow nur noch mit Bescheinigung der Gemeinde Passow gestattet. – Der Rat der Gemeinde Passow
Der Baggerpfuhl entstand Ende der fünfziger, Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts auf dem Holzwerder in Passow. Der Holzwerder diente schon früher als Kiesentnahmestelle. Der hier geförderte Kies, war als Baukies ungeeignet, da sich viele Holzkohlestücke im Kies befinden, die dann nach der Verarbeitung aus dem Beton oder Putz herausplatzen.
Verwendung fand der Kies u.a. bei der Aufschüttung des Bahndamms für die neue Bahnlinie, die zum damaligen EVW (Erdölverarbeitungwerk), jetziger PCK Raffinerie GmbH führt.
Kleiner Exkurs: PCK Schwedt
Die PCK Raffinerie GmbH ist ein Erdölverarbeitungswerk in Schwedt/Oder im Nordosten Brandenburgs (Deutschland). Das Unternehmen wurde am 13. Januar 1959 gegründet. Am 1. Februar 1959 verkündete die DDR-Regierung den beabsichtigten Bau des Erdölverarbeitungswerks bei Schwedt. Die Grundsteinlegung für das PCK erfolgte am 11.11.1960. Für den Transport des Öles und der hergestellten Produkte war eine Eisenbahnanbindung notwendig. Zur Aufschüttung des Gleisbettes durch das Welsetal wurde u.a. der Kies vom Holzwerder verwendet.
Gleis nach Schwedt zum PCK und Ölzüge , die S/W-Fotos 1 und 3 stellte Uwe Eschert dankbarerweise zur Verfügung.
Im Internet bei Wikipedia kann man dazu lesen:
Bahnstrecke Passow-Schwedt
Die Verbindung wurde in den frühen 1960er Jahren von der Deutschen Reichsbahn (DR) als Zufahrtstrecke zum Petrolchemischen Kombinat errichtet. Über den Bahnhof fuhr am 18. Dezember 1963 zum ersten Mal ein Zug auf Signal ein. Es war der Sonderzug des Ministerrates zur Eröffnung der Erdölleitung Freundschaft. Am 1. Januar 1964 wurde der reguläre Betrieb eröffnet. Am 24. Februar 1964 ging das als Zentralstellwerk ausgebildete Stellwerk 1 des Bahnhofs Stendell in Betrieb.
Der Streckenabschnitt bis Stendell wurde in den 1980er Jahren in das Elektrifizierungsprogramm der DR mit einbezogen. Am 20. Dezember 1987 konnte die Verbindung Angermünde–Passow–Stendell dem elektrischen Betrieb übergeben werden.
Das PCK besaß ursprünglich ebenfalls eine Verbindung zur Bahnstrecke Angermünde – Pinnow – Schwedt. Auch nach Einstellung des Betriebs auf diesem Verbindungsgleis war es lange Zeit möglich, es operativ bei Störungen der Strecke über Passow wieder in Betrieb zu nehmen. Durch den Neubau einer Umgehungsstraße um Schwedt/Oder (Bundesstraße 2n) im Jahre 2006 wurde diese Verbindung allerdings gekappt und in Teilen zurückgebaut. Anschließend wurde eine Art Wendeschleife hergestellt. Durch den geplanten Anschluss an den Schwedter Hafen wird es in Zukunft wieder möglich sein, bei Störungen der Strecke Passow-Stendell den Betrieb über den Bahnhof Schwedt aufrechtzuerhalten.“
Wikipedia
_______________________________________________________________________________
1961 Entstehung Baggerpfuhl (Fotos: von Familie Schilling, Passow)
Baggerpfuhl Schaffung einer Badestelle (Fotos: Dr. Horst Lehrkamp, Berlin)
Badestelle Baggerpfuhl (Fotos von Privatpersonen zur Verfügung gestellt.)
Das durch die Kiesentnahme entstandene Restloch füllte sich mit Grundwasser und Passow hatte eine Badestelle, die in den ersten Jahren auch stark genutzt wurde. Es wurde angestrebt, hier ein Naherholungszentrum zu schaffen. Anfänglich gelang das auch, aber in den nachfolgenden Jahren scheiterte der weitere Ausbau an der Finanzierung und den gesetzlichen Vorschriften.
Kieswerk
Nach 1989 kam dann die Klärung der Eigentumsverhältnisse noch dazu. Die Besitzer wechselten mehrmals. 2012 ist das Gelände um den Baggerpfuhl und um den neu entstandenen Kiessee als Bergbaugelände gekennzeichnet. Der Baggerpfuhl ist nur als Angelgewässer nutzbar, und der Biber kann sich hier ungestört ausbreiten. Wenn der Winter kalt genug ist und der Baggerpfuhl zugefroren ist, tummeln sich hier die Schlittschuhläufer. Die Geräusche, die durch die Eisbildung entstehen, sind mir persönlich sehr unheimlich. Ich betrete diese Eisflächen nicht.
Baggerpfuhl zugefroren
Biberspruren
Der Angelverein Passow pflegt das Gewässer sowie die Uferzonen des Baggerpfuhls jährlich und schafft somit nicht nur für die Angler freien Zutritt zum Wasser, sondern auch für den Blick des Spaziergängers. Die durch die unregelmäßige Kiesentnahme entstandenen Sandbänke treten im Sommer, wenn der Wasserspiegel sinkt, ans Tageslicht, und die ortskundigen Angler nutzen sie, um mitten im Pfuhl zu angeln.
Baggerpfuhl Sandbank
Ein Schwanenpaar entdeckte ihn als idealen Platz für die Aufzucht seines Nachwuchses. In einem Jahr waren sie besonders fleißig. Sie zogen 8 Junge auf.
Soweit ich mich erinnere, wurde dieses Gewässer leider auch schon von zwei Frauen aus Passow für den Freitod genutzt. Im April 1979 und im Oktober 1993.
Am 04.12.2012 hatte sich in der Nacht ganz leise und sacht die Natur mit einer ca. 2 cm hohen Schneedecke überzogen, bei 0°C verschwand im Laufe des Tages die weiße Pracht. Da die Temperaturen in den folgenden Tagen wieder in den Keller rutschten, blieb der Neuschnee liegen. Am 06.12.2012, pünktlich zum Nikolaus, schneite es erneut, und die nächtlichen Temperaturen sanken auf – 11,8 °C in Wendemark in der Lindenallee 6.
Im Kieswerk: Kiesberge mit Schnee
Kiessee und Schnee
Der 07.12.2012 bescherte uns Kaiserwetter, die Sonne und der Schnee strahlten um die Wette, und es war fast windstill. Ein Winterspaziergang war heute unbedingt Pflicht. Ziel war wieder der Kiessee und der Baggerpfuhl. Auf dem Kiessee war noch keine Eisdecke, und es schwammen zahlreiche Enten und Gänse sowie die Schwäne, die sonst auf dem Baggerpfuhl waren. Einige Schwäne kreisten über meinem Kopf, aber da noch mehr Spaziergänger am Kiessee waren, ließen sie sich leider nicht dort nieder. Als ich meinen Spaziergang um den Baggerpfuhl begann, sah ich, dass dort schon eine geschlossene Eisdecke vorhanden ist. Nur wo der Biber ein- oder auftaucht, da sind noch freie Stellen. In der Mitte der zugefrorenen Wasserfläche saß einsam und allein ein grauer Jungschwan. Ein weiterer Spaziergänger berichtete mir, dass der Schwan gestern auch schon dort an der Stelle saß. Der wird wohl dort eingefroren sein. Die anderen Familienmitglieder, die Eltern und drei Jungschwäne hatte ich auf dem Kiessee entdeckt. Die hatten wohl noch zum richtigen Zeitpunkt den Baggerpfuhl verlassen. Da für die kommenden Tage noch sehr kalte Temperaturen und weiterer Schneefälle vorhergesagt werden, wird wohl der Schwan hier seine letzte Ruhe finden. Bäume hat der Biber auch wieder gefällt, aber nun haben fleißige Hände einige Bäume, die noch keine Biberspuren haben, mit Maschendraht umwickelt. Mal sehen, was daraus wird. Ich werde sein Wirken im Auge behalten.
Baggerpfuhl zugefroren
Baggerpfuhl Bibersicherung – Netzstrumpfhose für Bäume
Am Abend war wieder lautes Geschnatter auf dem Kiessee zu hören. Da haben sich wieder viele Wasservögel eingefunden, die die Nacht geschützt auf dem Wasser verbringen und morgen weiterfliegen werden.
Während des ganzen Dezembers wiederholte sich jeden Morgen und jeden Abend dasselbe Schauspiel. Unzählige Schwäne und Wildgänse begaben sich morgens vom Kiessee in die Umgebung auf Futtersuche. Zuerst überflogen die Schwäne in kleineren und größeren Gruppen Wendemark, etwas später schnatterten am Himmel große Schwärme von Wildgänsen. So gegen 8:00 Uhr starteten die Schwäne, und gegen 8:30 Uhr die Gänse. Abends nach 16:00 Uhr kamen sie wieder zurück. Dem Geschnatter nach zu urteilen, muss über Nacht der Kiessee voll besetzt sein.
Die Neugierde trieb mich am 2. Weihnachtstag schon um 8:00 Uhr zum Kiessee. Unzählige Schwäne schwammen darauf. Noch bevor ich die Gänse sah, starteten sie mit lautem Geschnatter. Das Klatschen ihrer Flügel beim Starten war ein beeindruckendes Geräusch. Noch beeindruckender war jedoch die große Anzahl der Gänse. Als ich die Kiesberge erklommen hatte und einen Blick über die gesamte Wasserfläche hatte, war ich beeindruckt von der großen Anzahl der Schwäne. Hier müssen sich wohl alle Schwäne der Umgebung versammelt haben. Nach und nach starteten sie in unterschiedlicher Gruppenstärke. Die Wildgänse kreisten immer noch in großen Schwärmen über den Kiessee, ihr plötzlicher Start, der durch meine Anwesenheit verursacht wurde, hatte sie wohl etwas durcheinander gebracht. Die Enten schwammen ruhig weiter, entfernten sich aber schnell zum anderen, weit entfernten Ufer. Leider ist mein Fotoapparat für diese Lichtverhältnisse nicht geeignet, und so konnte ich keine guten Aufnahmen machen. Doch der Anblick war sehr schön. Ein guter Start für mich in den 2. Weihnachtsfeiertag!