2008 – Winter-Radtour

Die erste Radtour im neuen Jahr am 13.01.2008

Bärbel Würfel

Sonnenschein, milde Temperaturen, gut gegessen, gut geruht und zu neuen Abenteuern 2008 bereit. Mein Drahtesel „Otto“ scharrte mit den Hufen und wollte mit mir „ausreiten“. Heute kann es nicht auf dem Acker über die Berge gehen, da der Boden nicht mehr gefroren ist und durch die Winterfeuchtigkeit sehr rutschig und weich ist. Wendemark war wie ausgestorben, aber in den Randowwiesen bewegten sich einige Personen per Fahrrad, per pedes und per Auto.

Es schwamm ein Schwanenpaar auf der Randow, aber wieder war nicht der junge Schwan vom Mai 2007 dabei. Traurige Gedanken kamen mir hoch – ob das eine Junge wohl auch den Weg in den Schwanenhimmel angetreten ist, wie seine zwei Geschwister? Um Gewissheit zu haben, wählte ich heute meinen Weg entlang der Randow über die Wiesen.

Vom Nest ist nichts mehr zu sehen, nur der rote Plastestuhl liegt noch an der Stelle. Enten starteten mit lautem Geschnatter in die Luft, wir haben uns wohl gegenseitig tüchtig erschreckt, nur dass ich mich nicht in die Luft erheben konnte. Wenn ich aber in dem Flugzeug gesessen hätte, hätte ich eine ganz andere Sicht auf das Randowtal.

Kirchturm Blumberg aus dem Randowtal, Schönower Wald, Rehe


Der Schönower Wald war „entzaubert“, am strahlend blauen Himmel zogen Wildgänse laut rufend ihren Weg, und ich überquerte den Bahndamm, um zur Mündung der Randow in die Welse zu laufen. Im Sommer war es mir nicht gelungen, einen schönen Schnappschuss einzufangen, da das Schilf und das hohe Gras mir den Blick auf die Mündung versperrten.

Bei der Fahrt zur Eisenbahnlinie Berlin –Stettin kamen mir folgende Erlebnisse aus dem Jahre 2005 in den Sinn:

Zollfahndung in den Randowwiesen

Es war der 31.07.2005. Ein sonniger Tag bei Temperaturen um 25 °C. Gegen Mittag ein kurzes Gewitter. Am späten Nachmittag gegen 16:00 Uhr startete ich meine Fotosafari in die Randowwiesen. Im Kulturweg waren wie immer die Traktoren von den Anwohnern abgestellt. Dazwischen stand auch ein silbergrauer PKW. Ich dachte noch bei mir, warum stellt denn die Tochter des Anwohners heute ihren PKW hier unten ab.

Auf dem Plattenweg am Mittelgraben bemerkte ich ein dunkelgrünes Auto. Da dachte ich, wer weiß, welches Pärchen es sich dort im Schatten gemütlich gemacht hat, da wollte ich nicht stören. Deshalb führte mich mein Weg zuerst zu der Eisenbahnbrücke über die Randow. Hier „schoss“ ich ein paar Fotos, denn der Wasser- und Bodenverband  „Welse“ hatte vor einigen Tagen die Gräben gemäht. Auf dem Rückweg sah ich in der Ferne noch zwei Radfahrer aus Richtung Wendemark kommen, die aber zum Plattenweg zum Mittelgraben abbogen.

Außerdem kam das silbergraue Auto vom Kulturweg aus Richtung Wendemark. Ich dachte noch so bei mir, dass doch einige Menschen das Randowtal zu einer sonntäglichen Spazierfahrt nutzen. Das freute mich, denn das Randowtal ist ja auch eine Augenweide.

Als ich kurz vor der Weggabelung ankam, stiegen aus dem silbergrauen Auto zwei Personen aus, ein Mann und eine Frau, und vom Weg am Mittelgraben kam ein Mann mit einem schönen Schäferhund, der nicht angeleint war. Wendemarker oder andere Bekannte waren das nicht. Der Schäferhund erhielt die Anweisung, dass er Platz machen sollte, und ich erhielt die Anweisung anzuhalten. Schäferhund und ich gehorchten aufs Wort. Der eine Mann zog aus seiner Hosentasche eine ovale Marke, die an einer Kette befestigt war und sagte mir, dass er vom Zoll ist und eine Kontrolle durchführen will. Er fragte mich, ob ich mich ausweisen könnte. Ich antwortete, dass ich in Wendemark wohne und bei meinen häufigen Fahrradausflügen in die nähere Umgebung nie einen Ausweis mitnähme. Daraufhin bat er mich, einen Blick in meine Handtasche werfen zu dürfen. Ich öffnete meine Tasche und zeigte den Inhalt, der wie immer, wenn ich auf Fotosafari gehe, aus dem Fotoapparat, dem Handy, Ersatzbatterien und einer Packung Tempotaschentücher bestand. Ich war ganz schön verblüfft, eine Zollkontrolle in den Wendemarker Wiesen. Sachen gibt’s, das fällt einem im Traum nicht ein. Ich fragte noch, ob ich ein Foto machen könnte, denn dieser Zwischenfall war für mich fast unglaublich. Aber das gestatteten sie mir nicht. Sie wünschten mir noch einen schönen Sonntag und eine gute Weiterfahrt.

Mein Weg führte mich nun weiter auf den Plattenweg am Mittelgraben zur Randow, denn ich wollte sehen, ob der Biber schon wieder neue Bäume gefällt hatte. An dem ersten Stau traf ich die beiden Radfahrer aus Wendemark, die ich vorher aus der Ferne sah. Sie waren nicht von den Zollfahndern angesprochen und angehalten worden. Ich hatte mich wohl verdächtig gemacht, weil ich von der Eisenbahnbrücke kam. Wer weiß, welche Schwerenöter sie erwischen wollten. Ich hatte jedenfalls eine ganz reine Weste.

Als ich wieder zurückfuhr, stand das dunkelgrüne Auto immer noch dort, der Hund war im Auto eingesperrt. Das silberfarbene Auto stand wieder im Kulturweg.

Gegen 18:00 Uhr fuhren beide Autos aus Wendemark fort. Ob sie noch Erfolg hatten, werde ich wohl nie erfahren. Sicher waren sie sehr enttäuscht, weil sie bei mir eine „Fette Beute“ vermutet hatten, aber ohne Erfolg.

Als ich diese Geschichte einer Einwohnerin erzählte, fing sie an zu lachen. Und sie erzählte mir dann, dass sie an der Eisenbahnbrücke nachts mehrmals seltsame Bewegungen beobachtet hätte. Die Familie hat von ihrem Gehöft ja einen wunderbaren Blick auf das Randowtal. Sie haben den Zoll informiert und der ist nun seiner Kontrollpflicht nachgekommen. Man vermutete wohl, dass an der Brücke Schmuggelware wie z.B. Zigaretten aus dem Zug, der von Stettin kam, geworfen und dann von beauftragten Personen eingesammelt wurden. Was wäre wohl geworden, wenn ich da eventuell solche „Schmuggelware“ gefunden hätte? Die hätte ich bestimmt mitgenommen und dann??

Ich mag mir gar nicht ausdenken, wie sich die Handschellen um meine Handgelenke geschlossen hätten und ich als „Schmugglerin“ aus Wendemark abgeführt worden wäre. Wie hätte ich glaubhaft beweisen können, dass das alles ein Zufall gewesen ist. Zum Glück habe ich keine „Schmuggelware“ gefunden und kann als unbescholtene Bürgerin weiterhin die Radtouren durchs Randowtal machen.

Ein weiteres Erlebnis erzählte mir Kurt Chlupka – ich vermute, dass man beide Geschichten im Zusammenhang betrachten muss.

Kurt Chlupka ist ein begeisterter Jäger, sein Revier erstreckt sich von den Wendemarker Höhen bis ins Randowtal. Bei der Revierkontrolle am 10. Februar 2005 machte er eine Entdeckung, die ihn den Schreck in die Glieder fahren ließ. Als er an der Eisenbahnbrücke, die über die Randow führt, angekommen war, entdeckte er unter einem Busch einen großen Plastesack, dieser Sack war von innen mit Reif beschlagen. Er war sehr verwundert über den großen Sack und vor allem, dass dieser innen gefroren war. Er stieß mit seinem Fuß an den Sack und plötzlich bewegte sich in dem Sack etwas, heraus kam eine menschliche Gestalt. Es war ein jüngerer Mann, der sich die Pudelmütze dicht ins Gesicht gezogen hatte, der Schreck war auch in seinem Gesichtsausdruck zuerkennen. Mittels Zeichensprache gab er zu verstehen, dass er die Uhrzeit wissen wollte. Es war 11:00 Uhr und  – 11°C.

Kurt setzte seine Kontrollfahrt dann fort. Was aus dem jungen Mann geworden ist, weiß er nicht. An der Stelle an der Eisenbahnbrücke hatte er aber schon des Öfteren merkwürdige Gegenstände gefunden. Z.B. alte Fahrradschläuche mit Bindfäden dran, daran, so erzählt man, sollen die Zigarettenschmuggler Zigarettenstangen gebunden haben, die sie dann an dieser Stelle aus dem Zug geworfen haben sollen und die hier von Kurieren eingesammelt wurden. Es wurden auch mehrmals nachts Personen beobachtet, die die Bahnschienen entlang in Richtung Angermünde gelaufen sind.

Es wird vermutet, dass es sich um Personen ausländischer Herkunft handelt, die nach Berlin wollen, um sich dort gefälschte Papiere zu beschaffen. Mit dem Zug zu fahren ist sicher zu riskant, da die Züge häufig vom Bundesgrenzschutz kontrolliert werden.

Eisenbahnbrücke in mehreren Jahren und Jahreszeiten

Nun aber wieder zurück zur Gegenwart. Das Schilf war nun an der Mündung der Randow in die Welse abgemäht und beräumt worden. Am Rande der Randow lagen viele große Teichmuscheln.

Auch hier brachten sich sehr viele Wildenten vor mir in Sicherheit, indem sie sich in die Luft erhoben. Nur noch ein grauer Schwan zog hier einsam seine Bahn durchs Wasser, zum Glück erhob er sich nicht vor Schreck in die Luft. Vielleicht hat er mich ja erkannt. Nur leider werde ich ihn, wenn er sein weißes Gefieder bekommt, nicht mehr erkennen können. Schade! Seine Eltern waren weit und breit nicht zu sehen – ich vermute, dass die „Abnabelung“ erfolgt ist. Nun hatte ich auch die Mündung der Randow in die Welse erreicht und konnte einen ungestörten Blick darauf werfen. Der junge Schwan machte das Foto perfekt. So beendete ich meine erste Radtour 2008 voller Zufriedenheit.

Mündung Randow-Welse mit Schwan