Bernhard Maechtel in Memoriam

Als ich 1978 ins Gymnasium Durmersheim kam, war der Chor erst frisch gegründet. Die Schule selbst war ja noch ganz neu. In meiner Klasse, die aus 30 Schülern bestand, 15 Mädchen, 15 Jungs, gingen fast alle nach der “Tauglichkeitsprüfung” im Musikunterricht in den Chor – bis auf ein Mädchen, Dagmar Heck, sie hatte eine so rauchige Stimme, sie konnte nicht singen. Regelmäßig am Mittwoch in der 6.Stunde wurde geprobt. (Später freitags.) Dazu wurde die Stunde im Stundenplan freigehalten. Die Aussicht auf ein früheres Nachhausegehen hat später möglicherweise immer mehr Schüler dazu bewegt, dem Chor fern zu bleiben.

Walkman gegen Chor

Auch kam in dieser Zeit der Walkman in Mode und hat das Musikbedürfnis individuell und mobil befriedigen helfen: Jeder hört für sich allein. Der Chorgesang wurde weniger attraktiv. Der riesige Chor schrumpfte sichtlich. Bernhard Maechtel lies sich aber nicht entmutigen und baute sein Netzwerk aus, mit dem Kantatenchor Durmersheim holte er auch Sänhger von außerhalb dazu, die die Konzerte verstärken konnten.

Spätestens mit dem Stimmbruch gingen auch die letzten Jungs aus meiner Klasse verloren. Ich war der einzige, der bis zur 13.Klasse durchhielt und bekam dafür sogar eine kleine Auszeichnung zum Abi 1987. Bernhard Maechtel hat mit dem Chor dennoch viel und viele erreicht. Ohne diese schönen Erlebnisse, das gezielte Proben auf die Konzerte hin, der Stress und dann nach dem erfolgreichen Konzert die Erlösung, das Gemeinschaftsgefühl, die exotischen Konzerte wie die Teilnahme an der LAGA Baden-Baden 1981, als wir bei hohen Temperaturen auch im Weinbrennersaal sangen und manch einer von der Bühne gekippt ist, ohne dass das Konzert unterbrochen wurde, oder die Aufführung der Carmina Burana in der Turnhalle in Durmersheim 1980.

Großes Konzert mit vielen Beteiligten. Die Flyergrafik entwarf Kunstlehrer Michael Kramer.

Ohne Bernhard Maechtel hätte ich wohl nicht die Sehnsucht nach Chorgesang in mir entdeckt, die mich letztendlich viele Jahre später in den Deutsch-Französischen Chor Berlin führte, in dem ich jetzt seit 2011 singe.

Bernhard Maechtel las Michael Ende

Bernhard Maechtel war aber nicht nur Musik-, sondern auch Deutschlehrer. Sein Unterricht war nicht minder kreativ. Als ich mit Mitschülern zuhause ein Hörspiel aufnahm und es im Unterricht abspielte, ließ uns Herr Maechtel selbst in der der Klasse ein Hörspiel entwickeln. Einen Gedichtband und ein Märchenbuch haben wir auch rausgebracht. Mag es Zufall gewesen sein, dass ich selbst zu dieser Zeit Reime und Märchen schrieb? Ich fühlte mich gut und vom Lehrer gefördert. Im Rückblick bin ich dafür sehr dankbar. Sicher sehr inspirierend für andere Mitschüler, denen zuhause nicht vorgelesen wurde, war die Angewohnheit, kurz vor Stundenschluß aus einem Buch vorzulesen. Maechtel las und Michael Endes “Unendliche Geschichte” und “Momo” vor.

Kurz vor seinem Tod 2006 habe ich noch einmal mit ihm telefoniert. Ich hielt mich zu dieser Zeit in Polen auf und suchte den Kontakt, weil ich mir Unterstützung für ein Kinderprojekt erhoffte, für das ich Instrumente benötigte. Ich hatte übersehen, dass das Gymnasium Durmersheim damals so gut ausgestattet war, weil es eine neue Schule war. In den Folgejahren, ja bis heute, wird zu wenig in die Schulen investiert und der Mangel verwaltet. Die schönen neuen Instrumente damals, ein riesiger chinesischer Gong, zwei Flügel, Carl-Orff-Instrumente, haben mich beflügelt. Diese Eindrücke waren sehr prägend. Ich wünsche sie mir auch für die Kinder heute.

XVIII Międzynarodowy Festiwal “Jeunesses musicales” : Częstochowa 17-20 listopada 1983 roku (Netzfund; von diesem Konzert habe ich selbst keine Erinnerung)

Weiteres Material folgt!